Haltungsnote: 1

Ich saß gerade mit einem wunderbaren Klienten von mir beim Mittagessen auf einer sonnigwarmen Terrasse in einem Hamburger Spitzen-Spesentempel. Mein Klient, den ich unlängst für einen sehr großen Auftritt in der Elbphilharmonie vorbereitet hatte...

Ich saß gerade mit einem wunderbaren Klienten von mir beim Mittagessen auf einer sonnigwarmen Terrasse in einem Hamburger Spitzen-Spesentempel. Mein Klient, den ich unlängst für einen sehr großen Auftritt in der Elbphilharmonie vorbereitet hatte, sagte etwas, das mir erst kurz ins Mark fuhr – und mich dann sehr freute. Er sagte: „Petra, Du bist als Coach echt brutal. Total gnadenlos.“

Ich sah ihn ungläubig an, denn „brutal“ und „gnadenlos“, das sind so Worte, die ich wirklich nicht mit mir in Verbindung gebracht hätte. Aber er sprach weiter und ich verstand. Er meinte das als großes Kompliment. Was er meinte, war nämlich das Folgende: ich hatte ihn in unserer gemeinsamen Arbeit voll aus seiner Komfortzone geholt. Ich hatte ihn nicht mit den gängigen Phrasen davon kommen lassen. Hatte seine Formulierungen genauso auf links gedreht, wie seine Körpersprache. Und ich hatte ihn in einem für mich immer wesentlicheren Aspekt des eigenen Auftretens über Grenzen hinweg immer weiter getrieben. In der Frage: „Wie ist Deine Haltung dazu?“.

In Auftritts-Coachings erwarten viele Menschen von mir, dass ich mich vor allem damit auseinandersetze, was Mimik, Gestik und Stimme machen, ob ich die Kernaussagen verstehe und ob der Rücken gerade und der Blick fest sind.

Mein Ansatz ist aber ein ganz anderer. Nämlich einer, der intrinsisch ist (Modewort, ich weiß) – der die innere Haltung abfragt, bevor er sich an den äußeren Symptomen abarbeitet. Das verlangt meinen Klienten sehr viel mehr ab. Denn wenn es um die eigene Meinung zu diesem Thema geht, das eigene Gefühl zu diesem Auftritt und den eigenen Angang, dann kostet die Auseinandersetzung damit erst einmal sehr viel mehr Kraft, als sich nur mit besonders hochgezogenen Augenbrauen oder zu viel Ähhhmms zu beschäftigen.

Meine Erfahrung ist: je mehr eigene Haltung wir in das bringen, was wir sagen und präsentieren – je mehr wir selbst darin wiederzufinden sind – desto besser und faszinierender und erfolgreicher sind wir in unserem Auftreten. Und genau das ist in der Elphi dann schließlich auch passiert. Mein Klient hat sich von mir immer wieder in die eigene Haltung zu seinen Sätzen bringen lassen. Wir haben sie überprüft. Sie feingetuned. Sie hinterfragt und neu aufgestellt. Bis wir sie hatten, seine Haltung. Und bis sie konsistent in all seinen Aussagen wiederzufinden war. Das war richtig knackiges Sparring, fast schon körperlich anstrengend. Aber als wir miteinander fertig waren – und besonders viel Zeit hatten wir nicht, ist er mit seiner Haltung, mit seiner Klarheit, mit seiner Sicherheit rausgegangen auf diese Wahnsinnsbühne. Und was soll ich sagen: er hat sie brutal gerockt. Voll gnadenlos.


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