Unsere Reise – aus gegebenem Anlass

Heute geht es in meinem Blog sehr persönlich zu – den relevanten Coachingthemen widmen wir uns dann am kommenden Montag wieder. Der Anlass für den Einblick in meine private Welt ist eine Reise, die abbrach, zu einem Kraftakt und dann doch zu einem großartigen Erlebnis wurde...

Sommerferien – das heißt für meine Kinder und unseren Hund und mich seit 4 Jahren: Abenteuer mit alten Bullis oder anderen alten Wohnmobilen. Ursprünglich fing das an, aus dem Gedanken heraus, meinen Kindern eine demütige und einfache Sicht auf reisen geben zu wollen. Beim Blick aus dem großen Fenster die Landschaft vorbeiziehen sehen, den Gedanken damit Flügel zu geben, mit denen sie in die Morgendämmerung fliegen können. Es geht um die Gespräche, die in diesem alten, geschützten Zuhause auf Zeit entstehen, während immer Neues rechts und links vorbeirauscht. Darum, gemeinsam die Orientierung zu verlieren, Straßenkarten zu lesen und sich durchzufragen,  den Bulli im Atlantik-Sand festzufahren und ihn dann zusammen auszugraben und zu befreien, auf dem kleinen Gasherd gemeinsam zu kochen und es als das leckerste Essen der Welt zu empfinden, das gegessen wird, bei offener Bullitür mit Blick aufs Meer. Diese Reisen schaffen besondere Erinnerungen und das Gefühl von Freiheit und Unberechenbarkeit. Letzteres in diesem Jahr eindeutig zu viel.

Wir haben uns in diesem Jahr einen Bulli von 1982 gemietet – Hein – blau, Klappdach, herrlich. Unsere grobe Idee war, wieder Richtung Atlantik zu fahren, weil wir alle mit Wellenreiten angefangen haben und es eigentlich keinen Urlaub mehr ohne surfen geben kann.

Ich bin aus Frankfurt gelandet, habe Hein gepackt bis in die Nacht, habe 3 Stunden geschlafen und die Kinder schlafend in den Bulli gebracht, Hund nach vorne, los. Wir sind losgefahren, als das erste Tageslicht kam, gegen 04.15. Es war wundervoll. Die Langsamkeit des alten VW Busses, die einen zwingt, innerlich runter zu fahren – Hein kam bergab auf 110, bei kleiner Steigung auf 75 km/h. Schlafende Kinder hinten, dösender Hund vorne, Kaffee aus dem Thermobecher, die Sonne geht im Seitenspiegel auf. Unsere Form von Glück. Bis Duisburg-Ruhrort (interessanter Weise genau der Teil Duisburgs, in dem mein Vater geboren wurde). Auf einmal dreht Hein zu stark auf, lässt sich kaum abbremsen, die Temperatur steigt immer weiter. Mila, meine Tochter, bemerkt, dass wir wie verrückt qualmen.

Seitenstreifen. Ich mache den Motor auf, alles kocht, meine Finger bleiben am Ölstab kleben, dicke Brandblasen. Ich rufe den ADAC an. Warndreieck. Sicherheitswesten. Noch denken wir, das sei ein Teil des diesjährigen Abenteuers.

Der erste ADAC-Mann ist reizend, leitet uns zur nächsten Tanke, repariert den Gaszug, füllt Kühlwasser nach. Wir fahren wieder los, voller Hoffnung – Gottseidank, nur 1,5 Stunden verloren. Nach einem Kilometer, Duisburg Homberg: wieder Qualm, wieder kocht alles, der Bulli geht aus, mitten in der Ausfahrt. Ich rufe wieder den ADAC – diesmal dauert es ewig, bis der zweite Pannenhelfer kommt.

Dafür kommen andere Menschen und machen uns sprachlos: eine Frau in meinem Alter hält und fragt, ob sie mir mit den Kindern helfen darf – sie sollten zu ihren Kindern in den Garten kommen und dort warten, bis die Lage klar sei (wollen meine Kinder nicht – aber was für ein reizenden Angebot). Zwei LKW-Fahrer halten an und sichern uns erst und schieben den Bulli dann die Ausfahrt ein Stück weiter runter, damit wir weniger gefährlich stehen. Die Polizei hält an, ein reizender Polizist nimmt Oskar, meinen Sohn, an die Hand und schiebt mit ihm gemeinsam den Bulli noch weiter die Ausfahrt runter, damit wir komplett außer Gefahr sind. Als der zweite ADAC Mann kommt, sind wir schon total gerührt; wir sind so beschenkt von den Menschen, die uns helfen. Der Bulli wird abgeschleppt, langsam wird uns klar, dass  unser Urlaub so nicht stattfinden wird. Tausend Formulare später, Hitze auf dem ADAC-Hof, ein völlig fertiger Hund und zwei wunderbar tapfere Kinder: wir müssen den ganzen, gepackten Bulli leer räumen, in einen ADAC Leihwagen. Urlaub weg. Zurück nach Hamburg.

Erst halten wir aber an einem Duisburger Badesee, springen ins Wasser, kühlen den Hund und unsere hochroten Köpfe. Schauen uns an und lachen und weinen und lachen.  Die Erleichterung, dass nichts Schlimmeres passiert ist, die Enttäuschung, dass unsere Reise in Duisburg endet, die Dankbarkeit für die unglaubliche Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft. Wir fahren mit vollen Herzen nach Hamburg zurück.

Morgen brechen wir nach Dänemark auf – Cold Hawai – der einzige Ort, an dem man in Dänemark surfen kann. Es wird ein anderer Urlaub, einer im Ferienhaus, einer ohne viel Abenteuer. Und nächstes Jahr: da nehmen wir Hein und fahren wieder los. Mit Gedanken mit Flügeln. Mit 75 km/h am Hügel. Und der ADAC-Karte im Halfter.


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