Warum Scheitern uns extrem nach vorne bringen kann – und trotzdem nicht für jeden empfehlenswert ist!
Ist es die Scheidung? Das unternehmerische Desaster? Die Gesundheit, die uns zeigt, dass sie doch nicht so selbstverständlich ist, wie wir hochnäsig dachten? Eine toxische Liebesbeziehung, die uns nicht in Ruhe lässt? Zu lange zu viel Streß? Eine Insolvenz? Ein pubertäres Kind, das jede gut gemeinte erzieherische Maßnahme ad absurdum führt?
Die Gründe, aus denen wir scheitern, oder wanken und schwanken – die uns aus den eingefahrenen Mustern werfen und die das Potenzial haben, uns fertig zu machen, sind total vielfältig.
Es gibt, aus Amerika zu uns wandernd wie ein klebriger Justin Bieber Popsong, gerade den Trend des Scheiterns. So scheint es mir. Keine Lebensgeschichte der großen Ikonen unserer Zeit (egal ob aus der Wirtschaft und Unternehmertum, der Politik, der großen Popstars, der auferstehenden Sport-Legenden), ohne das dicke Scheitern in der Mitte. Kein Life-Coach-Buch oder Podcast, ohne das Drama und den glänzenden Phönix, der daraus entsteigt. Das Lebensdrama, so lesen und hören wir gebannt, das erst zum ganz fetten Erfolg führen konnte.
Und natürlich ist das so – das sehe ich als Coach – das sehe ich auch als umtriebige Frau in Unternehmerkreisen – das sehe ich auch in meinem Umfeld als Fernsehmoderatorin – und als Freundin – und erst recht an mir selbst: Scheitern kann in uns ein großes Fenster öffnen. Und uns besser machen. Weil wir im Moment des Scheiterns aus unserer Komfortzone geworfen werden, wie ein blindes, nacktes Vogelküken aus dem Nest. Weil wir mit unseren alten Mustern so gegen die Wand gefahren sind, dass wir gar keine andere Chance haben, als uns neues Wissen, neues Verhalten, neue Muster zu suchen. Weil es für unsere Willenskraft kaum einen besseren Boost gibt, als den Antrieb des: schnell weg hier aus dem tiefen Tal.
Das ist richtig. Und Klienten, die zu mir kommen und irgendwas schon voll in die Nesseln gesetzt haben, sind in der Regel schlicht beratungsoffener. Als die, bei denen alles gerade tutti läuft.
Trotzdem ist der merkwürdige Trend, den amerikanische Life-Coaches gerade recht fahrlässig propagieren, im Sinne von: leg Dir eine ordentlich Lebenskrise zu und dann wird was aus Dir – so kurz gesprungen wie auch grundgefährlich. Denn Scheitern, Lebenskrisen, Tiefstpunkte: das sollte man erstens bitte nicht anziehen wollen. Das sollte man zweitens aushalten können. Und das ist drittens auch keine Garantie für den Durchbruch. Ganz im Gegenteil.
Aufgepustete Pseudo-Krisen spürt man im Außen und geben im Innen eben keinen Antriebs-Boost. Echte Krisen erzeugt man nicht einfach so. Und es gibt auch Menschen, die nicht erst im Sumpf der eigenen Fehlbarkeiten oder der Gruselkindheit stecken müssen, um zu leuchten und zu wachsen und zu herausragenden Persönlichkeiten zu werden.
Ich selbst kann viel über Scheitern erzählen. Und mein Leben kann ohne Schwierigkeiten als Vorlage für einen findigen (und manchmal eben leider windigen) Life-Coach dienen, so viele Tiefs gab es und so wunderbar fühlt es sich an, daraus gewachsen zu sein und groß und strahlend zu werden. Dazu immer mehr hier, auf meinem Blog. Aber es gibt – auch unter meinen Klienten - die Role-Models, die tollen, starken, feinen, beratungsoffnen Menschen, die nicht erst schwerst auf die Nasen fallen mussten, um großartig zu sein. Die aus sich heraus weiter wachsen und an sich arbeiten wollen und nicht, weil irgendein Tiefpunkt sie dazu zwingt.
Merke: Es gibt beide Wege. Und beide sind richtig. Und keinen kann man als das einzig wahre Rezept für Ruhm, Reichtum, Schönheit und Glück proklamieren. Also: lasst uns Willenskraft und Durchhaltevermögen lernen, eine Haltung einnehmen und gemeinsam unsere Ziele erreichen. So rum. Und andersrum eben auch!
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