Spitzenwirkung
Als mein Telefon klingelte und der Personalchef einer großen deutschen Versicherung mir erklärte, dass er einen Coach für einen seiner Vorstände suche, habe ich mich erstmal sehr gefreut. Vorstände sind zwar oftmals schon deshalb komplizierte Klienten, weil sie unheimlich wenig Zeit haben – in dieser Zeit aber das Maximale erreichen wollen. Aber da das mir und meiner Art zu denken und zu arbeiten sehr entspricht, mag ich den Austausch und die Arbeit mit den Konzernspitzen ausgesprochen gerne.
Zu mir kam der Finanzvorstand. Ein Mann, der Zahlenreihen mit sehr vielen Stellen am Ende eines jeden Quartals vor der versammelten Finanzpresse, dem Aufsichtsrat, den anderen Vorständen verkünden muss – auf Englisch. Und der diesen Teil seiner großen Aufgabe überhaupt nicht mochte.
Viele Menschen, die mit derartig viel Macht und Verantwortung ausgestattet sind und die mit so großen Zahlengebilden umgehen, haben ihr Auftreten diesem Status irgendwann ganz automatisch angepasst. Sie zeigen selbstverständlich weder Unsicherheiten noch Schwächen, sie sind diskret und zurückhaltend einerseits und mit der Hybris der großen Lenker andererseits ausgestattet.
Bei meinem neuen Klienten war das ganz anders. Er war selbstverständlich fachlich brillant, er war ein unheimlich schnell denkender Mensch. Aber erfrischender Weise fehlte ihm jedes Fünkchen Selbstdarstellungdrang. Er war ein feiner, leiser Mann, der sich am liebsten gar nicht groß gezeigt hätte. Und den die Präsentationen mit der enormen Außenwirkung jedes Mal unheimlich viel Kraft kosteten. Daran wollte er arbeiten. Er wollte sich ein Stückchen Hybris zulegen. Ein bisschen dickhosiger werden, in seinem Auftreten – weil er dachte, er müsste eben auch so sein, wie die anderen Vorstände um ihn herum.
Ich habe viel mit der Kamera mit ihm gearbeitet. Er hat vor mir präsentiert, wie er immer präsentierte. Wir haben das gemeinsam analysiert und haben gemeinsam versucht, neue Formen der Zahlenreihen- und Ergebnis-Präsentation zu finden. Er hatte auf einmal den Raum, sich auszuprobieren und selbst für sich zu sehen, was für ihn gut geht, was zu ihm passt, was er an seiner eigenen Wirkung mag und halten, von was er sich verabschieden will. Wir haben persönliche Zugänge zu seinen Zahlenketten gesucht und gefunden, die ihm die Präsentation erleichterten. Die ihm sogar Freude machten, weil er sich nach und nach traute, ganz leicht dosiert ein wenig von seinem leisen, feinen Humor einzustreuen.
Mein Klient wurde kein bisschen dickhosiger, in dem Prozess den wir beide miteinander gingen. Er wurde auch nicht lauter, es stellte sich kein Selbstdarstellungsdrang ein. Aber als das Ende des Quartals kam, ging er mit einer anderen Haltung auf die Bühne und vor die Mikrofone. Er hatte nicht nur einen anderen Zugang zu seiner Aufgabe gefunden, sondern eine andere Sicht auf seine eigene Rolle. Er hatte sich in unserem gemeinsamen Coaching erlaubt, sich nicht verstellen zu müssen, um sich irgendeine vermeintliche Außenwirkung zu geben. Sondern in seinem eigenen Stil, mit seiner eigenen Haltung und seinen persönlichen Zugängen Freude daran zu entwickeln, seine Ergebnisse zu präsentieren. Die eigene Haltung gefunden zu haben, macht sicher. Und Sicherheit macht Eindruck. Und so rief mein Klient nach der Präsentation strahlend bei mir an. Und ich strahlte zurück. Denn solche gemeinsamen Coachingwege sind eben auch für mich als Coach echte Geschenke.
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